„Eintreten für eine gerechte und friedvolle Welt – Ethisches Lernen an der Schule“, so lautete das Thema der diesjährigen Religionspädagogischen Frühjahrstagung, zu der sich 12 Teilnehmer:innen vom 11.-13. Mai 2022 in der Landvolkshochschule Wies zusammengefunden hatten.
Eines gleich vorneweg: Dass eine Frühjahrstagung wieder in Präsenz möglich war, empfanden alle Teilnehmenden als großes Geschenk, und so feierten wir ein dreitägiges Fest der Begegnung.
Aufgrund der weltpolitischen Lage war die Thematik der Tagung von beklagenswerter Aktualität und rief einmal mehr ins Gedächtnis, dass ethische Themen im Religionsunterricht ins Zentrum von Religion führen.
Schulrätin i. K. Beatrix Schuck hatte in der Konzeption ein überaus abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Die Religionspädagog:innen Claudia Schäble und Thomas van Vugt eröffneten die Tagung mit Grundprinzipien ethischen Lernens im Religionsunterricht, die sie mit vielgestaltigen Bausteinen aus ihrer religionsunterrichtlichen Praxis für den Grund- und Mittelschulbereich belegten. Dass in der christlichen Ethik der Zuspruch immer vor dem Anspruch steht, dieser Kerngedanke durchzog die Ausführungen von Prof. Dr. Langenhorst von der Universität Augsburg am Folgetag. Aktivierendes Kontrastprogramm bot der Nachmittag mit Norbert Harner von der Medienzentrale Augsburg, der die Teilnehmenden mitnahm in die spannende Welt des Actionbound, einer digitalen Schatzsuche, zum Nachspielen und Selbstgestalten, übrigens kein Ding der Unmöglichkeit, wie wir zu unserer eigenen Überraschung feststellen durften. Der Freitagvormittag weitete den Blick mit Jürgen Menzel vom Um-Welthaus in Aalen auf die Konflikt- und Kriegsgebiete weltweit und die notwendige zivile Friedensarbeit. Wie es gelingen kann, in kleinen Übungen persönliche Friedensorte zu visualisieren und in der Gruppe dem Frieden Raum zu geben, durften wir exemplarisch erleben und so einen Eindruck von den Möglichkeiten des Umgangs mit der Kriegs- und Konfliktthematik im schulischen Kontext gewinnen.
Im Rahmenprogramm verbanden sich die Teilnehmenden in einem meditativen Schreittanz aus der Ukraine mit den Menschen, die an den Folgen von Krieg und Flucht leiden, und gaben im wiederholten Singen des Friedenskanons „Suche den Frieden und jage ihm nach“, komponiert von P. Norbert Becker, ihrer Sehnsucht nach Frieden Ausdruck.
„Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen“ - Dieser Buchtitel des muslimischen Religionswissenschaftlers Navid Kermani, der auf die Anweisung eines Platzanweisers in einer überfüllten Moschee zurückgeht, wurde von Monika Graf-Zanker, die die Tagung stellvertretend leitete, als Rahmung der Tagung beigefügt. Der Satz kann als Prinzip ethischer, ja religiöser Lernprozesse überhaupt gelesen werden. Wer sind die Lernenden, denen wir am Lernort Schule begegnen? Wie ist die Lernausgangslage zu beschreiben? Und wo und wie ist dieser geheimnisvolle Ort des „näher Kommens“, von dem wir im Religionsunterricht künden?
Mögen wir bereits in naher Zukunft dem Frieden wieder näher kommen, getragen von der Sehnsucht nach eben diesem, und mögen wir mutig und kreativ und beherzt eintreten für Gerechtigkeit und Frieden, wo sich uns Möglichkeiten dafür zeigen.
Monika Graf-Zanker, Seminarrektorin i. K., 5/2022