Aktuelle Informationen der Augsburger Abteilung Schule und Religionsunterricht zur Entwicklung der Teilnehmerzahlen am katholischen Religionsunterricht - RU sicher in der Spur (Oktober 2016)

Gegenwärtig erreichen uns verschiedentlich Anfragen nach den Teilnehmerzahlen am konfessionellen Religionsunterricht, zuweilen verbunden mit der Frage, ob nicht Ethik den konfessionellen Religionsunterricht in Bayern verdränge (vgl. auch Presseartikel). Dabei wird auf sinkende Schülerzahlen im Religionsunterricht verwiesen, die sich auf einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ergeben.

Damit jedoch ein stimmiges Gesamtbild entsteht, sind die Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht nicht isoliert zu betrachten, sondern in den Kontext der relevanten Bezugsgrößen einzufügen – und dann ergibt sich ein verändertes Bild: Der Religionsunterricht bleibt sicher in der Spur. 

Wie lässt sich dies begründen? Wesentliche Gesichtspunkte sind im Folgenden auf der Basis derzeitiger statistischer Angaben aus der staatlichen Schulaufsicht, insbesondere des Kultusministeriums, skizziert:

  • Demographische Entwicklung: Die Schülerzahl ist insgesamt während der vergangenen Jahre stetig gesunken. Beispielsweise ist im Regierungsbezirk Schwaben im Bereich der Grund- und Mittelschulen innerhalb der letzten zehn Jahre ein Rückgang von ca. 20 % der Gesamtschülerzahl festzustellen; ähnlich gilt dies für ganz Bayern. Dieser deutliche Trend hat sich – in unterschiedlicher Weise – auch auf andere weiterführende Schulen und natürlich insgesamt auf den Religionsunterricht übertragen
  • Entwicklung  der Religionszugehörigkeiten: Innerhalb der merklich geringer gewordenen Gesamtschülerzahl hat sich im Lauf der letzten zehn Jahre zugleich der Anteil des Ethikunterrichts prozentual erhöht (durchschnittlich um ca. 7-8 %, am wenigsten am Gymnasium mit 5,4 %). Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass eine stetig zunehmende Anzahl von Eltern und Schülern/-innen ohne Religionszugehörigkeit zu verzeichnen ist; außerdem lässt sich eine wachsende Anzahl von Angehörigen anderer Religionen konstatieren, insbesondere des Islam, die zumeist den Ethikunterricht besuchen. Die Pluralität weltanschaulicher und religiöser Ausrichtungen ist weiter vorangeschritten.
  • Geringe Abmeldezahl vom Religionsunterricht: Dagegen hält sich die bayernweite Abmeldezahl vom katholischen Religionsunterricht, der für die bekenntnisgebundenen Schüler/-innen vorgesehen ist, in Bayern seit vielen Jahren insgesamt auf einem erfreulich niederen Niveau (Mittelwert für alle Schularten in Bayern ca. 4 %); Ähnliches gilt übrigens für den evangelischen Religionsunterricht. Natürlich kann die jeweilige Quote regional und schulartbezogen unterschiedlich ausfallen.

    Zugleich nimmt ein nicht unerheblicher Anteil konfessionsloser Schüler/-innen auf Antrag am Religionsunterricht teil (Anteil der konfessionslosen Schüler/-innen am katholischen Religionsunterricht auf Bayern und alle Schularten bezogen: ca. 2,4 %). 

  • Zum Beispiel - aktuelle Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht für das Schuljahr 2015/16: Das skizzierte Gesamtbild lässt sich auch anhand der vorläufigen statistischen Daten zum letzten Schuljahr belegen, die sich auf ganz Bayern beziehen. Knapp sei dies an verschiedenen Schularten und vor allem im Verhältnis von Konfessionszugehörigkeit und Teilnahme am konfessionellen Religionsunterricht aufgezeigt (in Auswahl):

    Grundschule: Insgesamt gehören 50,6%der Schüler/-innen der römisch-katholischen Konfession an (20,1% evangelisch, 8,6 % muslimisch, 16 % ohne Religionszugehörigkeit). Den katholischen Religionsunterricht besuchen überraschenderweise sogar 54,0 % aller Kinder; am Ethikunterricht (18,5 %) nehmen aufgrund von Abmeldung lediglich (für beide genannten Konfessionen zusammen!) 1,2 % teil; zusätzlich finden sich neben einzelnen Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften auch bekenntnislose Schüler/-innen im Religionsunterricht.

    Mittelschule: Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Mittelschule: 48,7 % der Kinder und Jugendlichen sind katholisch (18,8 % evangelisch, 14,8 % muslimisch, 11,2 % ohne Religionszugehörigkeit). In Ethik (26,7 %) sind aufgrund von Abmeldungen (wiederum für beide Konfessionen zusammen) 2,4 % der Schüler/-innen zu finden. Auch in dieser Schulart übersteigt mit 51,1 % die Gesamtteilnehmerzahl am katholischen Religionsunterricht die konfessionelle Zugehörigkeit, da Schüler/-innen anderer Religionsgemeinschaften sowie ohne Religionsbindung dazukommen.

    Realschule: 61,2% der Schüler/-innen gehören der katholischen Konfession an (21,8 % evangelisch, 5,8 % muslimisch, 8,5 % ohne Religionszugehörigkeit); mit 62,1 % der Gesamtschülerschaft liegt die Teilnehmerzahl am katholischen Religionsunterricht auch in diesem Fall höher als die Konfessionszugehörigkeit (13,4 % Ethik).

    Gymnasium: Hier beträgt der Anteil der Katholiken im Blick auf die Religionszugehörigkeit 55,1 % (26,4 % evangelisch, 3,9 % muslimisch, 11,7 % ohne Religionszugehörigkeit). Am katholischen Religionsunterricht nehmen immerhin 53,6 % der Gesamtschülerzahl teil, 1,5 % weniger als die konfessionelle Zugehörigkeit beträgt (17,4 % Ethik).

    Schließlich ein Blick auf Schularten, bei denen aufgrund der inneren Differenzierung die Situation noch komplexer ist: Bei Beruflichen Schulen (hier in Auswahl: Berufsschulen und FOS/BOS zusammen sowie auf beide Konfessionen bezogen) beläuft sich der Anteil der Ethikschüler, die aufgrund von Abmeldung teilnehmen, auf ca. 7 % (27,2 % Ethik); an Förderschulen liegt bei einem Anteil von insgesamt 21 % Ethikunterricht die Teilnahme wegen Abmeldung vom Religionsunterricht bei 0,5 %. Auch in diesen Schularten befinden sich auf Antrag andere Religionsangehörige bzw. Bekenntnislose im Religionsunterricht.

Fazit:

  • Obwohl natürlich auch bei Zahlenmaterial Unschärfen nicht auszuschließen sind, darf man aus der Gesamtzahl der vorliegenden Daten klar und begründet schließen, dass der konfessionelle Religionsunterricht sich in den letzten Jahrzehnten an den bayerischen Schulen fest etabliert hat, bei den Konfessionsangehörigen sehr gut angenommen wird und solide Bindekräfte entfaltet; darüber hinaus ist er auch attraktiv für einen gewissen Anteil von Schülern/-innen ohne Religionszugehörigkeit. Dieses Gesamtbild gilt für Bayern und ist natürlich im Blick auf alle Regionen Deutschlands sehr zu differenzieren.
  • Der zu verzeichnende und über die Jahre stetig gewachsene Anteil an Ethikschülern/-innen ist also im Wesentlichen nicht auf Abwahl vom Religionsunterricht zurückzuführen, sondern spiegelt lediglich die demographische Entwicklung sowie die zunehmende weltanschauliche/religiöse Differenzierung in unserer Gesellschaft wider.
  • Der Religionsunterricht an den Schulen ist als „ordentliches Lehrfach“ verfassungsrechtlich geschützt (Art. 7 GG, Art. 136 BV), und dies gilt im Sinne der positiven Religionsfreiheit grundsätzlich für alle Religionsgemeinschaften, nicht nur für die christlichen Bekenntnisse; die religiöse Schullandschaft ist also durchaus vielfältig. Gerade in seiner Bekenntnisbezogenheit passt der Religionsunterricht – und in Ergänzung auch der Ethikunterricht – in unsere plurale und offene Gesellschaft, die von begründeten und zugleich dialogfähigen Überzeugungen lebt, die gerade in ihrer Diversität den Wertekonsens fördern und weiterentwickeln können.