Politik im Religionsunterricht
… so lautet die Hauptüberschrift des Tag der Religionslehrkräfte am Samstag, 22. April 2023 im Exerzitienhaus St. Paulus in Leitershofen. Wie politisch darf Kirche, wie politisch darf der Religionsunterricht sein? Wo sind Grenzen, wo lauern Versuchungen, aber wo stecken auch die Möglichkeiten? Ja, welchen Beitrag kann der Religionsunterricht zur Demokratiebildung auf Basis des christlichen Menschenbildes leisten.
Am Beginn des Tages stand die Messfeier mit dem Leiter der Hauptabteilung V Schule, Weihbischof Florian Wörner. Dieser legte anhand der Lesung aus dem Buch der Könige und dem Evangelium der Bergpredigt in seiner Predigt, den Gedanken des hörenden Herzens aus und betonte die Bedeutung des Religionsunterrichts für die heutige Gesellschaft. Angelehnt an das Buch von Hartmut Rosa "Demokratie braucht Religion" fasste er zusammen, dass Demokratie den Religionsunterricht braucht. Die musikalische Gestaltung lag in den bewährten Händen von Pater Norbert M. Becker MSC und seinen Musikerinnen.
Nach einer musikalischen Einstimmung durch das Saxophon-Trio des Gymnasiusm Maria-Stern in Augsburg, begrüßte die Kooperative Leitung der Abteilung Schule und Religionsunterricht, Ltd. OStD i. K. Markus Moder und Ltd. OStDin i. K. Dr. Kristina Roth, die annähernd 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Schularten sehr herzlich. Ein besonderer Gruß galt den Vertreter/-innen der Staatlichen Schulaufsicht, insbesondere Ltd. RSD Bernhard Buchhorn und Abteilungsdirektorin Susanne Reif und dem Referenten des Hauptvortrages Prof. Dr. Bernhard Grümme von der Ruhr-Universität in Bochum.
In seinem Vortrag entfaltete dieser, ausgehend von einer Klärung des Begriffs POLITIK den Gedanken, dass Religionsunterricht nie ohne politischen Bezug sein könne. Dies begründet sich vor allem aus dem Anspruch der Reich Gottes Botschaft Jesu. Umgekehrt kann man Politik nie nur aus einer Perspektive definieren und beleuchten, deshalb bedarf es der Kommunikation zwischen Politik, Theologie, Ökonomie, Soziologie und Pädagogik.
Aus bildungstheoretischer Sicht stellt deshalb das "Politische eine unverzichtbare Dimension eines integrativen religiösen Bildungsbegriffs" für den Religionsunterricht dar. Um diesen Bildungsbegriff gerecht zu werden, bedarf es, so Prof. Dr. Grümme, verschiedener politischer Dimensionen des Religionsunterrichts, wie z. B. einer Kommunikations- bzw. auch einer Beurteilungskompetenz in diesem Bereich.
Zugleich sensiblisierte er bezüglich einer Gefahr der Milieuverengung, die sich vor allem in der Wahl der Sprache, aber auch im Hinblick auf die Gestaltung didaktischer Materialien und Konzepte zeigen könne.
Grümme motivierte die anwesenden Lehrkräfte dieser politischen Dimension immer wieder einen Raum zu geben, allerdings unter Berücksichtigung des Kontroversitätgebots des Beutelsbacher Konsens.
Nach einem stärkenden Mittagessen konnten die Religionslehrkräfte aus einem vielfältigem Workshop-Angebot zur Umsetzung dieser Thematik im Religionsunterricht wählen: Friedenspädagogik, Hospizarbeit an der Schule, Gerechtigkeit als Thema in der Kinder- und Jugendliteratur, Soziallökologische Transformation, Interreligiöse Demokratiebildung, Menschenrechte und -würde im Netz, Politisch denken in Politik und Ethik, das Kreuz im Klassenzimmer.
Den Abschluss des Tages bildete ein Statement von Prof. Dr. Grümme, der den Tag zusammenfassend abschloss. Er griff darin die Spannung zwischen Politik und Religionsunterricht nochmals auf und verband dies mit den Eindrücken aus den nachmittäglichen Workshops. Dabei wurde deutlich, dass der Religionsunterricht der Zukunft vor der Herausforderung steht, immer wieder Brücken zu bauen, zwischen Individuum und Gesellschaft, Digitalität und Erfahrungsorientierung, aber auch zwischen Theologie und Ethik.